Samstag, 28. September 2013

Anführer der Nazipartei verhaftet



Anführer der Nazipartei verhaftet



Der Anführer der nazistischen Partei Goldene Morgenröte, Nikolaos Michaloliakos, wurde heute Morgen verhaftet. Insgesamt wird berichtet, dass gegen 36 Mitglieder der Partei Haftbefehle erlassen wurden, darunter  auch fünf weitere Abgeordnete.  Sie werden der Bildung einer kriminellen Vereinigung bezichtigt. Die neunseitige Anklageschrift erwähnt Geldwäsche, aber auch fünf Morde (darunter auch der an Pavlos Fyssas am 17.9.) und zahlreiche Fälle von gefährlicher Körperverletzung.

Freitag, 27. September 2013

Aufruf zum Putsch



Aufruf zum Putsch


Aufruhr bei der Staatsanwaltschaft am Mittwochabend: eine Gruppe Armee-Reservisten ruft auf ihrer Internetseite die Streitkräfte zum Putsch auf. Die Gruppe nennt sich Reservistenverband griechischer Elitesoldaten (KEED) und hat für den 28.9. zu einer Kundgebung vor dem Parlament eingeladen. Zu ihren Forderungen gehört auch die Zwangsversteigerung jeglichen deutschen Besitzes in Griechenland.
In Deutschland berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger. Den Artikel können Sie hier lesen.

Major d. R. Alexandros Kontos, Foto: pseed.gr
Am Donnerstag nahm der eingeschriebene Griechische Reservistenverband (PSEED) Stellung und verurteilt die Kundgebung. Der Vorsitzende, Major d. R. Alexandros Kontos, sagt in einem Interview auf der Internetseite newsit.gr, dass „jegliches Eingreifen der Streitkräfte in die Politik des Landes einen großen Schaden für die Demokratie mit sich führt“ und, dass nicht „jeder dahergelaufene Rentner“ versuchen kann die Institution der Reserve für seine eigenen Zwecke zu missbrauchen.  Kontos warnt davor „die Lunte des Bürgerkrieges anzuzünden“ in einer Zeit, in welcher alle zusammenarbeiten sollten, um ein neues Griechenland aufzubauen.
Der sogenannte Reservistenverband griechischer Elitesoldaten (KEED) ist nicht eingeschrieben. Die Mitgliedschaft erfolgt über Facebook.

Donnerstag, 26. September 2013

Harte Worte des Metropoliten


Mit klaren harten Worten verurteilt der Metropolit von Sisanion und Siatista die Neonazis


Er war der erste in der Kirche, der die neonazistische Goldene Morgenröte verurteilte. Und obwohl er wiederholt von ihnen bedroht wurde, führt er seine Aktivitäten kompromisslos fort.

Den Mord an Pavlos Fyssas verurteilt er mit klaren harten Worten:
 
Pavlos
Metropolit von Sisanion und SiatistaΗλεκτρονικό ταχυδρομείοΕκτύπωση |
Das widerwärtige Gesicht des Nazismus 
 
Als  ich die “Goldene Morgenröte“  als „pechschwarze Nacht“ bezeichnete, geschah es nicht um zu beeindrucken.
Ich benutzte diese beiden Worte mit dem Ziel, genauestens zu beschreiben, was ich damals bezüglich ihrer tatsächlichen Identität, mittels Ideologie, Taten und gesamtes Erscheinungsbildes dieses neonazistischen Gebildes, sah. Bewusst war ich und bin ich absolut und kompromisslos in der Ablehnung einer Annäherung oder Umarmung der „Goldenen Morgenröte“ durch Christen und Klerus.
Damals glaubten einige, meine Charakterisierung sei übertrieben, aber inzwischen wird niemand mehr die Richtigkeit derselben anzweifeln.
Heute, nach den letzten Geschehnissen, sind die vormals gewählten Worte eher eine Untertreibung, denn ein Mord, erstens kaltblütig und zweitens auf Anweisung, weist nicht nur auf eine Nacht, sondern auf die Hölle hin.
Es gibt aber etwas, was mich noch mehr erschreckt als das Verbrechen. Das ist der Hergang desselben. Die Kaltblütigkeit des Vollstreckers. Nicht ein Erschrecken der Seele, nicht ein winziges Zögern in der letzten Sekunde, nicht die leiseste Beunruhigung des Gewissens eines angenommen „friedliebenden  Mitbürgers“.
Wie also ist diese Organisation und wie von Grund auf böse muss sie sein, die einen „friedliebenden Mitbürger“ in einen entschlossenen Mörder verwandeln kann?
Ist das Verbrechen Ergebnis einer von jeglichen Werten beraubten und nivellierten Seele oder ist es die Frucht der Angst vor denjenigen, welche den Mord angeordnet haben?
Ist der Versuch, die Verbindung des Täters zu dieser verbrecherischen Organisation als lose darzustellen, obwohl es viele gegenteilige Beweise und Zeugenaussagen gibt, nicht vielleicht ebenfalls das Ausführen eines Befehls oder auch Ausdruck von Angst um sein eigenes Leben?
Aber selbst der lächerliche Versuch der Abgeordneten der „Goldenen Morgenröte“, jegliche Verbindung sowohl zum Täter als auch zur Tat zu leugnen, bringt den elenden und unglücklichen Täter nicht dazu zu erkennen, welches Schicksal ihn selbst erwartet?
Unsere Fragen gehen weiter: Hat die politische Führung zu lange gebraucht zu verstehen, was die „Golden Morgenröte“ wirklich ist, oder hat sie bewusst und mit Hintergedanken geschwiegen?
Wenn sie zu spät gehandelt hat, ist sie eine Gefahr für das Land - wegen ihrer Schwäche und Unfähigkeit, die kritische Situation zu erkennen und  die Fakten richtig zu analysieren.
Wenn sie schuldhaft geschwiegen hat, im Glauben das Problem verwalten zu können, dann opfert sie das Land ihren politischen Spielen.
Musste erst Blut vergossen werden, damit der Minister die Unterlagen, welche er jetzt dem Staatsanwalt des Obersten Gerichtshofes vorlegte, endlich übergab? War das alles nicht schon bekannt? Waren das nicht alles Fakten? Stellten diese nicht per se kriminelle Handlungen dar? Wurden sie wie kriminelle Handlungen verfolgt?
Zeigten die Erkenntnisse nicht, dass es sich um eine kriminelle Vereinigung handelt? Haben sie die Horden der Barbaren nicht gesehen? Haben sie die Bilder der heutigen SS, welche auf den Strassen marschierte um die Bürger zu erschrecken, nicht gesehen?
Bezeugten die Aufmärsche nicht, dass es sich um eine paramilitärische Organisation handelt?
Wird die jetzt gezeigte Entschlossenheit des Ministers und des Staates andauern und werden Taten folgen oder ist sie nur ein Feuerwerk wegen der außerordentlichen Ereignisse?
Sie sehen, die politische Führung hat uns nicht davon überzeugt, dass wir Vertrauen in sie haben können.
Wie oft haben wir schon von verantwortlichen politischen Mündern gehört: „das Messer wird bis auf den Knochen angesetzt“ (es werden tiefgreifende Massnahmen ergriffen - Übersetzer) und dabei hat dieses noch nicht einmal die Haut geritzt?
Und noch betrüblicher sind die Uneinigkeit der politischen Führung und der Mangel eines klaren politischen Diskurses. Die Unfähigkeit zur Zusammenarbeit in einer so wichtigen Stunde zeigt eine politische Führung, die dieses Landes und der Herausforderungen unwürdig ist.
In diesen Tagen, wegen einer Erkrankung zu Hause, hörte ich das Führerlein dieses nazistischen Gebildes in seinem bekannten hitlerähnlichen Delirium herabwürdigend über das Parlament und die Demokratie sprechen.
Ich frage mich: Hat ihn kein Staatsanwalt gehört?
Erfüllen seine Worte nicht den Straftatbestand der Beleidigung der demokratischen Grundordnung? Welches Vorbild wird hier den jungen Menschen gegeben, welche ohne relevante Erziehung durch Schule und Elternhaus zu einer ungebildeten Masse werden, aus deren Mitte die zukünftigen Vollstrecker bestimmt werden?
Zum Schluss noch einige Worte an jene, die die Nazis gewählt haben. Vielleicht habt ihr es nicht gewusst. Vielleicht wurdet ihr verleitet? Habt ihr es jetzt verstanden? Seid ihr jetzt aufgewacht? Jetzt könnt ihr euch nicht mehr mit Unwissenheit, Protest, Verzweiflung  rechtfertigen.
Eine größere Verzweiflung als den Nazismus gibt es nicht. Solltet ihr das nicht begreifen dann macht euch bereit, über den Tod eures eigenen Kindes zu weinen!
Der Nazismus hat keine Freunde, er hat nur Opfer.
 
Den griechischen Orginaltext finden Sie hier.
 


 
 

Dienstag, 24. September 2013

von Neonazis auf offener Straße ermordet



Am Dienstag, den 17. September 2013, wurde Pavlos Fyssas (34) von Neonazis auf offener Straße ermordet.

 

Pavlos Fyssas 2011, Foto: John D Carness/AP
  Die Nachricht des Attentats sorgt für Aufruhr: ein junger Musiker, bekannt für sein antifaschistisches Engagement, wird von einer Truppe Neonazis gezielt verfolgt und ermordet.
Was genau war passiert? Das Opfer, Pavlos Fyssas, war mit seiner Freundin und einem befreundeten Paar in einem Café, um dort ein Fußballspiel zu sehen. An einem der Nachbartische saß eine Gruppe Männer, die der rechtsextremen Szene angehören. Ersten Berichten nach gab es schon innerhalb des Kaffees Streit zwischen den zwei Gruppen; Augenzeugen bestreiten dies jedoch. Sicher ist, dass die Rechtsextremen sich auffällig intensiv mit ihren Handys beschäftigten. Wie sich herausstellte, trommelten sie den Schlägertrupp der Goldenen Morgenröte zusammen. Als Pavlos Fyssas kurz vor Mitternacht das Café verließ, wartete eine große Gruppe Männer in Tarnhosen und schwarzen T-Shirts auf ihn. Sie beschimpften und bedrängten ihn. Als sie Verstärkung von einer zweiten Gruppe Rechtsextremer erhielten, sich ihre Zahl also verdoppelte, griffen sie an; jagten ihn, bis der Täter, Georgios Roupakias (45), zu ihnen stieß und mehrmals mit dem Messer auf Fyssas einstach. Roupakias war mit dem Auto gekommen. Er stieg aus, stach sein Opfer in Brust und Bauch und ging zurück zu seinem Wagen, als sei nichts geschehen. Hier wurde er von einer jungen Polizistin verhaftet.
Pavlos Fyssas hatte noch die Kraft seinen Mörder zu identifizieren. Er starb auf der Straße, in den Armen seiner Freundin. Der Krankenwagen kam laut Zeugen erst nach dreißig Minuten. Im Krankenhaus konnte nur noch sein Tod festgestellt werden. 

Polizei guckt zu

Erschreckend sind die Zeugenaussagen, dass der Mord vor den Augen der Polizei geschehen sei. Uniformierte Beamte seien zur Tatzeit vor Ort gewesen und hätten nicht eingegriffen. Die Neonazis konnten handeln „als gäbe es die Polizei gar nicht“.
Der offizielle Polizeibericht bestreitet dies. Die Zentrale hätte um 23:57:42 einen Notruf erhalten, dass sich fünfzig, mit Knüppeln bewaffnete Personen  an der Ecke Tsaldari und Ifigenias gesammelt hätten und sich in Richtung des Cafés „Korali“ bewegen würden. Daraufhin wurden um 23:59:19 zwei Streifen (acht Beamte) der Motorradeinheit DI.AS mobilisiert. Als die Beamten am Café eintrafen, fanden sie dort eine Gruppe von dreißig Personen vor. Sie folgten diesen zum Tatort, wo sie Zeugen einer Auseinandersetzung zwischen zwei Personen wurden. Die Beamten schritten ein und stellten fest, dass einer der beiden Männer Stichwunden aufwies. Das Opfer identifizierte seinen Angreifer und die Beamten nahmen diesen um 00:08:53 fest. Der tödliche Angriff fand laut Polizeibericht unmittelbar vor dem Eintreffen der Polizei statt.
Augenzeugen, unter ihnen auch die Freundin des Opfers, erzählen eine andere Geschichte: Die Polizei war schon vor dem Mörder eingetroffen, weigerte sich jedoch einzuschreiten. Die Rechtsextremen seien zu viele. Erst als das Messer gezogen wurde, griff eine vierundzwanzigjährige Polizistin ein. Sie forderte ihre männlichen Kollegen auf, sie zu unterstützen. Diese weigerten sich jedoch weiterhin: Es seien zu viele. Von ihren Kollegen im Stich gelassen warf sie den Täter zu Boden, legte ihm Handschellen an und stellte die Mordwaffe sicher.

Täter gesteht den Mord

Im Polizeirevier gesteht der Täter den Mord, erklärt, dass er telefonisch an den Tatort bestellt wurde und auch, dass er Mitglied der neonazistischen Partei Goldene Morgenröte sei. Die Polizei durchsucht seine Wohnung; findet das Parteibuch im Müll. Die Frau des Täters hatte von ihm, nach seiner Verhaftung, die Anweisung erhalten, Beweise für seine Parteizugehörigkeit zu vernichten.
Die Goldene Morgenröte streitet Verbindungen zum Täter ab. Offiziell verurteilt sie die Tat. Auch der Täter ändert seine Aussage. Seine Verbindung zur Partei sei lose.
Kurz vor der Tat telefonierte Roupakias noch mit hochgestellten Mitgliedern der Partei. Er ist Mitglied mit Parteibuch (jenes, welches seine Frau vernichten sollte). Sowohl seine Frau als auch er beziehen ein Gehalt von der Goldenen Morgenröte; sie betreiben die Kantine des Ortsverbandes. Fotos zeigen ihn in Trainings- und Zeltlagern der Partei. Auch bei einer Aktion, Essen an Bedürftige auszuteilen, mit dem Motto „Nur für Griechen“, ist er fleißig dabei.
Die Verbindungen sind lose. Der Sekretär des Ortsverbandes ist nur sein Schwippschwager.

Ein ehemaliges Mitglied packt aus

Die Polizei hat Ermittlungen eingeleitet um herauszufinden wie es sein konnte, dass Roupakias, obwohl in Haft, seiner Frau Anweisungen geben konnte, Beweismaterial zu vernichten. Die Öffentlichkeit wundert es nicht. Die Verbindungen zwischen Polizei und Goldener Morgenröte sind ein offenes Geheimnis.
In einem ausführlichen Interview der Zeitung „to Ethnos“ beschreibt ein ehemaliges Mitglied, wie genau die Schlägertrupps der Neonazis organisiert sind. Mitglieder der Partei gibt es auch unter den Polizisten und sie decken die Gewalttaten. Bezeichnend ist auch, dass laut Interview, der Laden genau neben der Polizeiwache in Egaleo (eine Stadtgemeinde im Westen Athens), der unter anderem kugelsichere Westen und Schlagstöcke verkauft, Mitgliedern der Goldenen Morgenröte Rabatt gewährt.
Auch Georgios Roupakias ist dem ehemaligen Mitglied bekannt. Er gehört zum engen Kader des Ortsverbandes und des Schlägertrupps, der in ganz Griechenland aktiv ist. Um dort hineinzukommen, muss man Gewaltbereitschaft und blindes Gehorsam bewiesen haben. Angeführt wird der Trupp von Roupakias Schwippschwager, Georgios Patelis. Dieser wiederum erteilt nur Befehle, die durch den Abgeordneten Giannis Lagos den Segen der Parteispitze erhalten haben. Dass Roupakias ohne den direkten Befehl von Patelis und Lagos handeln könnte, schließt das ehemalige Mitglied aus. 


Angesichts der Tatsachen ist es kein Wunder, wenn es an Vertrauen in Justiz und Polizei mangelt. Bei den großen Demonstrationen in Gedenken an Pavlos Fyssas kommt es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die tausenden Demonstranten sind eben nicht „zu viele“. Sie haben auch nicht vor, jemanden umzubringen. Noch nicht. Den zumindest im Internet sind die Schreie nach Rache allgegenwärtig.