Montag, 24. März 2014

In Griechenland gibt es kein Katasteramt



In Griechenland gibt es kein Katasteramt


„In Griechenland gibt es kein Katasteramt.“ Das musste ich gestern wieder einmal mit Erstaunen im deutschen Fernsehen hören. Wäre schön gewesen, hätte  man mir das früher gesagt. So vor neun oder zehn Jahren, als ich mir einen ganzen Vormittag, in Thessaloniki beim Katasteramt die Beine in den Bauch stand. Es war ein schöner, sonniger Tag; den hätte ich gut anders verbringen können.

Das griechische Katasteramt wurde, in seiner modernen „Public Management“ Form als Aktiengesellschaft, im Oktober 1995 gegründet. Im April 2008 umfasste es 6 Millionen Einträge.
Als Institution ist das Katasteramt in Griechenland jedoch um einiges älter. Am 2. Dezember 1836 verabschiedete Otto von Bayern, König von Griechenland, die Regelung „über das Grundbuch“ und befahl, jeglicher Grundbesitz von Privatpersonen, Kommunen, philanthropischen Einrichtungen, Kirche, Klöster und Vereinigungen solle eingetragen werden.

Natürlich verstehe ich, dass es nicht immer leicht ist Dinge in fremder Sprache zu recherchieren. Vor allem wenn man nicht vor Ort ist.
Die Webseite des griechischen Katasteramtes gibt es übrigens auch in englischer Sprache: wer neugierig ist kann sie sich hier ansehen.
So eine Neugier hätte ich auch gern bei der Vorbereitung der Texte zum gestrigen Verleih des Kleinkunstpreises gesehen. Dann wäre der Kommentar zu Griechenland vielleicht nicht auf Stammtischniveau abgerutscht.  

Sonntag, 23. März 2014

Internationaler Tag gegen Rassismus



Internationaler Tag gegen Rassismus


Am Freitag war der  Internationale Tage für die Beseitigung der Rassendiskriminierung. Passend dazu kam es an den zwei Tagen zuvor zu Streit im griechischen Parlament. Der stellvertretende Innenminister Leonidas Grigorakos (aus der rechtskonservative Nea Dimokatia des Ministerpräsidenten Samaras) versuchte eine Änderung im Migrationsgesetzbuch durchzubringen: Migranten, welche Staatsorganen rassistische Übergriffe oder andere Verbrechen vorwerfen, ohne dass diese durch eine Voruntersuchung bewiesen werden,  würden dann sofort ausgewiesen. Dieses Vorhaben traf auf Widerstand nicht nur der Opposition, sondern auch des Koalitionspartners PASOK. Insgesamt zog Grigorakos seinen Änderungsvorschlag drei Mal zurück und formulierte ihn neu.

Am Dienstag wurde der Prozess wegen der Folterung von Walid Taleb erneut vertagt. Taleb wurde im November 2012, als er um seinen Lohn bat, von seinem Arbeitgeber stundenlang gefoltert. Dieser ist seitdem auf freiem Fuß; das Gericht sah damals keinen Grund für eine Untersuchungshaft.

Diese Woche wird es im Parlament zur Abstimmung zum  Migrationsgesetz kommen. Man erwartet dann einen erneuten, leicht umformulierten Versuch Grigorakos, seinen Änderungsvorschlag durchzubringen. Walid Taleb’s Prozess wird frühestens am 10. Juni stattfinden.

Freitag, 14. März 2014

Entweder - Oder



Entweder - Oder


Heute beginnt Alexis Tsipras seine Wahlkampftour für die Europawahlen. Die erste Veranstaltung findet in Komotini statt, einer Kleinstadt im Nordosten Griechenlands. Oder sollte man sagen in Gümülcine, denn die Plakate sind zweisprachig: Griechisch und Türkisch. Komotini hat nämlich eine große, muslimische Minderheit.
Ist ein zweisprachiges Plakat ein Problem? Sollte es nicht sein. Anscheinend ist es aber wichtig genug, dass die Zeitungen davon berichten. Bei den Mitte-Rechts Wählern kann Tsipras damit jedenfalls nicht punkten. Warum sollte er auch? Ist er doch Spitzenkandidat der Europäischen Linken.

Eine linke Partei sollte sich für linke Werte einsetzen. Ein respektvoller Umgang mit Minderheiten gehört dazu. Aber auch die Verteidigung von Nazis? Gestern tagte die Ethikkommission des Parlaments zum Thema der Immunität der Abgeordneten der Goldenen Morgenröte (am 21. Februar beantragten die Untersuchungsrichter auch die Immunität der letzten neun Abgeordneten aufzuheben). Nur bei Syriza ist man sich nach wie vor uneins. Zwar ist jedem in der Partei klar: Goldene Morgenröte = nationalsozialistische Partei, und Nazis = böse. Aber ist das Grund genug gegen sie vorzugehen? Die Parteibasis sagt da ganz klar: ja. Das tut auch die Parteispitze. Und doch warnten einzelne Abgeordnete, sie würden eventuell nicht an der Abstimmung teilnehmen oder ihre Stimme könne auch anders als erwartet ausfallen.

Gut, da sich mit Ausnahme der Unabhängigen Griechen, alle Parteien in diesem Thema einig sind, hätten solche Proteststimmen keinen wahren Einfluss auf die Abstimmung. Dennoch sollte man sich bei Syriza vielleicht Gedanken machen, wofür man eigentlich steht.  Es ist doch eine einfache Entweder-oder Frage: man kann für Menschenrechte stehen, dann muss man auch den Mut haben sich offen gegen Nazis auszusprechen und sich gegen diese einzusetzen. Wenn eine linke Partei nicht bereit ist dies zu tun, dann braucht sie auch keine zweisprachigen Plakate.

Aber vielleicht macht gerade dies Alexis Tsipras zu einem guten Spitzenkandidaten für die Europäische Linke. Solche Probleme innerhalb der Partei sollten sich als gute Vorbereitung für Brüssel herausstellen, wenn die EU in der Ukraine mit Svoboda zusammenarbeitet.

Mittwoch, 5. März 2014

Unerwünscht



Unerwünscht


Am Samstag wurde in Nea Michaniona, einem Ort in der Nähe von Thessaloniki, ein Arzt verhaftet, der seine Praxis mit antisemitischen Parolen beschmiert hatte. Wobei „seine“ nicht ganz zutrifft; das Gebäude gehört der Gemeinde.

Vor dem Staatsanwalt beteuerte Kostis Kastaniotis seine Unschuld. Der Spruch (in deutscher Sprache) „Die Juden sind hier unerwünscht!!!“ sei, während seiner Abwesenheit,  von Unbekannten geschrieben worden. Dass die Polizei in seiner Wohnung u.a. eine Fahne mit Hackenkreuz fand, sei Zufall – er sei Sammler. Es sei auch Zufall, dass er im Ort als aktiver Nazi bekannt ist und in den sozialen Netzwerken Mitglied rechtsextremer Gruppen.

Aus rechtsextremen Kreisen wurde schon am Sonntag das Gerücht von einem Freispruch verbreitet. Am Montag wurde der Arzt dann doch dem Richter vorgeführt, welcher einen Prozesstermin festlegte. 
Außer dem Verstoß gegen das Diskriminierungsgesetz, wird er auch wegen illegalem Besitz von Waffen und rezeptpflichtiger Medikamente angeklagt.

Die Versuche des Arztes, sich nun vom rechtsextremen Raum zu distanzieren sind verständlich, ist ein Schuldspruch doch nicht unwahrscheinlich. Gerade am Freitag wurde nämlich ein Busfahrer, der letztes Jahr zwei Fahrgäste, auf Grund ihrer Hautfarbe aus dem Bus warf, zu einem Bußgeld von 100 Euro und 10 Monaten Haftstrafe verurteilt; auch wenn ein Strafaufschub von 3 Jahren gewährt wurde.