Montag, 23. Dezember 2013

Sparpolitik, Universitäten und Heizung



Sparpolitik, Universitäten und Heizung


Am Freitag gab es an der Universität Athen ein frühes Weihnachtsgeschenk für die Studenten: trotz wochenlanger Besetzungen der Universität beschloss der Konvent, man wolle versuchen das Semester zu retten. Das Wintersemester wird seine vollen 13 Wochen andauern, und das Sommersemester wird dann (anstatt von Ende Mai bzw. Anfang Juni) voraussichtlich am 9. August enden. Die Vorstellung, dass an einer Universität so nahe am 15. August, einem der wichtigsten orthodoxen Feiertage, noch  Vorlesungen gehalten werden, wäre an sich schon eine Nachricht. Eigentlich liegt das Land die beiden Wochen um den 15. herum lahm. Ob die Universität jedoch fähig sein wird diesen Plan durchzuführen, ist nicht sicher.

Mobilisiert wurde gegen Massenentlassungen. Als Teil der Sparpolitik sollten auch an den Universitäten Stellen gekürzt werden. Da die Rektoren der Universitäten sich weigerten, erarbeitete das Ministerium die Kriterien, nach denen Angestellte ihren Arbeitsplatz verloren bzw. behielten. Eingespart wurden dabei die Menschen, nicht die Stellen. Welche Stelle zusammen mit der Person gekürzt wurde, war anscheinend irrelevant. So ist es nicht gegeben, dass ein Fachbereich noch genug Verwaltungspersonal hat, um zu funktionieren.

Die Kriterien selbst sind nicht unbedingt nachvollziehbar. Bibliothekare an der Universität Thessaloniki wurden entlassen. Sie studierten Bibliothekswesen. Hätten sie diese Zeit in Leichtathletik investiert, wäre ihre Stelle sicher geblieben; sportliche Auszeichnungen oder die Teilnahme an nationalen Wettkämpfen gelten als Kriterium für eine Weiterbeschäftigung.

Im November schrieb ein Heizungstechniker der Aristoteles Universität Thessaloniki, per Email, den Hochschullehrern, Angestellten und Studenten folgendes:
„Mein Name ist …, und ich bin verbeamteter Heizungstechniker an der Aristoteles Universität Thessaloniki, in der zentralen Heizanlage. In meinen Aufgabenbereich fallen nicht nur die zentrale Heizungsanlage, sondern auch Nebenheizungsanlagen, sowie 15 Heizungsanlagen in angegliederten Einrichtungen, die mit Öl betrieben werden. Ich bin der einzige Heizungstechniker in diesem Bereich und habe heute die unselige Aufgabe ihnen mitzuteilen, dass ich und das gesamte Technikerteam ab heute beurlaubt wurden. Zwei Techniker, zuständig für mehr als 40 Gasheizungsanlagen, wurden ebenfalls beurlaubt. Diese Beurlaubungen bedeuten, dass von dem Tag an, an dem unsere Beurlaubung rechtskräftig wird, die Heizungsanlagen nicht mehr arbeiten werden. Im Einzelnen bedeutet dies: die Zentralbibliothek, das Auditorium Maximum, die Hörsäle, Seminarräume und die Zentralverwaltung, die Büros der Hochschullehrer, und alle anderen Räume der Universität bleiben ohne Heizung. Ebenfalls ohne Heizung bleibt die Polytechnische Hochschule, da auch dort die Heizungstechniker beurlaubt werden. Ich habe mich dazu entschlossen diese Ankündigung zu schreiben, damit alle Angestellten, Hochschullehrer und sonstiges Personal, sowie die Studenten wissen, warum die Aristoteles Universität Thessaloniki in diesem Winter ohne Heizung sein wird.“

In Thessaloniki sinken Temperaturen im Winter durchaus unter null Grad. In den Vorlesungssälen könnte es also ungemütlich werden. Aber vielleicht werden Hochschullehrer und Studenten die Säle mit Holzöfen heizen. In den letzten zwei Jahren wurde Holz zur meist verbreiteten Heizform in Griechenland. Athen, vor allem die hochgelegenen (teuren) nördlichen Stadtteile, leidet unter dem Smog. Deswegen rief das Umweltministerium auf, die Nutzung von Holzöfen und Kaminen zu reduzieren.

Dienstag, 17. Dezember 2013

Freitag


Freitag


Wenn man auf eine Woche zurückblickt, besteht immer die Gefahr, diese einzig an den Geschehnissen der letzten Tage zu bewerten.  So ist es leicht, ein falsches Bild in Erinnerung zu behalten. Auch erkennt man schnell ein großes Ganzes, ohne sich die Frage zu stellen, ob es dieses überhaupt gibt. Der 13. Dezember war so ein Tag.

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag, um 2:34 Uhr, begangen Unbekannte einen Brandanschlag auf das Ferienhaus des ehemaligen Ministerpräsidenten Konstantinos Simitis. Eingebrochen wurde nicht; der Brandsatz befand sich außen, an der Balkontür. Von dort breitete sich das Feuer auch im Haus aus.

Am frühen Nachmittag berichtete die Presse von einem Bekennerbrief. Nicht im Zusammenhang mit dem Brandanschlag. Auf ihrer Webseite bekannte sich die Gruppe „Anarchisten - Anarchistinnen“ zu einem Angriff in der Woche zuvor auf die Büros der mit Schuldeneintreibung befassten Anwaltskanzlei der Brüder Sioufas (Söhne des ehemaligen Parlamentsvorsitzenden Dimitris Sioufas).

Letztlich griff um 20:00 Uhr eine Gruppe Unbekannter die Polizeiwache in Exarchia, der linken Hochburg in Athen, an. Die 20 – 30 Angreifer bewarfen das Gebäude mit Molotov Cocktails, Steinen und anderen Gegenständen. Ein Streifenwagen und Polizeimotorrad gingen in Flammen auf. Nach einer andauernden Polizeiaktion gab es drei Verhaftungen; darunter wohl auch ein 17jähriger afrikanischer politischer Flüchtling und ehemaliger Kindersoldat. Dieser wurde später wieder aus der Haft entlassen. Weitere Details zu den Angreifern wurden jedoch nicht veröffentlicht.
Am Sonntag erschien ein kurzes, anonymes Bekennerschreiben auf dem autonomen Internetportal athens.indymedia. Der Angriff käme als Antwort auf den brutalen Polizeieinsatz des 6. Dezembers.

Es wäre nun leicht zu sagen, dass es eine Woche der linksautonomen Gewalt war. In Wahrheit war das Hauptthema der Woche jedoch die Ermittlungen im Fall der Goldenen Morgenröte.
Ende der vorangegangenen Woche wurden den Untersuchungsrichtern die polizeiliche Auswertung der beschlagnahmten Rechner der Organisation übergeben. Als Folge kamen ständig neue Informationen an die Öffentlichkeit: Fotos von Mitgliedern in Ku-Klux-Klan-Kluften,  Videos von Vereidigungen und rassistischen Hasstiraden, Aufmärsche, Angriffe auf Märkte und Straßenhändler usw. Besonders bedeutend war die Erkenntnis, dass die Goldene Morgenröte ihre politischen Gegner überwachte; darunter Abgeordnete der Partei Syriza und Journalisten. Es wurde auch ein Staatplan gefunden, auf dem Angriffsziele in Exarchia markiert sind.


Am 10. Dezember wurde ein Journalist auf Kreta, während einer Reportage, von den Nazis tätlich angegriffen. Die Polizeigewerkschaft POESY fordert, dass gegen die anwesenden Polizisten wegen ihres tatenlosen Zusehens ermittelt wird. Die Gewerkschaft weist ausdrücklich auf einen Zusammenhang zwischen dem Angriff und der Veröffentlichung der neusten Ermittlungsergebnisse hin.

Aus dieser Perspektive sieht der Wochenrückblick gleich ganz anders aus. Morgen wird über die Parteifinanzierung der Goldenen Morgenröte im Parlament abgestimmt.