Kein Rückblick
In meinen Überlegungen, wie genau dieser Blog am sinnvollsten wäre, hatte
ich mir vorgenommen, diesen Sonntag einen Rückblick auf die Geschehnisse der Woche
zu schreiben. Wie sollte so ein Kommentar aber aussehen? „Eine aufregende Woche…“
gut, aufregend war sie nicht gerade; obwohl ich mich aufgeregt habe. Es gab ja
auch genug worüber man sich aufregen könnte und wohl auch sollte.
Die Medien haben tagelang, in einem rassistischen Delirium, aus einem
Nichts eine Geschichte aufgebaut: Kindesentführung, Menschenhandel usw. Und um Missverständnissen
vorzubeugen, „nichts“ bedeutet nicht dasselbe wie „aus einer Mücke einen
Elefanten machen“, da ist dann nämlich eine Mücke vorhanden. Die Geschichte um
die kleine Maria wurde jedoch erschaffen, ohne dass irgendetwas vorhanden war:
keine Kindesentführung, kein Menschenhandel… eben: nichts!
Gut, ganz richtig ist das nun auch wieder nicht. Denn etwas gab es schon.
Zum Beispiel ist da eine Mutter, der es nicht möglich ist ihre Kinder zu
ernähren und die deswegen ihre Tochter in die Obhut einer anderen Familie geben
muss. Auch ist da eine Polizei, die anhand von rassistischer Profilerstellung,
eine wohl rechtswidrige Verhaftung und Untersuchung vorgenommen hat. Eine Polizei, die gleichzeitig zu tiefst
erschüttert ist wegen ihrer Unterwanderung durch Rechtsextreme; sich deswegen doch
im Reformprozess befindet.
Gibt es jedoch Hoffnung für eine erfolgreiche Reform, wenn es keinen Willen
gibt Verantwortung zu übernehmen? Rechtsextremismus und Rassismus werden häufig
als Folge der Sparmaßnahmen dargestellt. Ohne die Finanzkrise gäbe es diese
Probleme nicht. Wenn also die Sparmaßnahmen aufgehoben würden, würden auch die
Nazis verschwinden. Ach, hätte man das nur in der Weimarer Republik schon
gewusst.
Diese Einstellung ist jedoch nicht nur lachhaft, sondern auch gefährlich.
Dies beschreibt auch der Kommentar des Staatspräsidenten Karolos Papoulias
gestern, mit Blick auf die heutige Schüler- und morgige Militärparade in Thessaloniki: „Wir haben auf dramatische Weise gelernt, was Vergessen und Unwissenheit bedeuten. In einem Land, das durch die
Bestialität des Nationalsozialismus einen hohen Preis zahlen mußte, sind Hackenkreuze und Nostalgiker dieser Ideologie erschienen.“
Anlass des Kommentars war der Beschluss des Präfekten Zentralmakedoniens,
Apostolos Tsitsikostas, auch die Abgeordneten der Goldenen Morgenröte zur Parade
einzuladen. Der Nationalfeiertag des 28. November ist auch der Gedenktag an die
griechischen Opfer des zweiten Weltkrieges und des Nationalsozialismus. Dazu
Nazis einzuladen scheint Herr Tsitsikostas nicht als problematisch anzusehen.
Erfreulich war diese Woche wenigstens, dass das Parlament mit großer
Mehrheit dafür gestimmt hat, die staatliche
Finanzierung der Goldenen Morgenröte, als Partei, zu stoppen. Leider aber nur mit großer Mehrheit. Einige
Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten: Die rechtspopulistische Partei der
Unabhängigen Griechen, die sich selber im rechtsextremen Raum bewegt, und die
Kommunistische Partei Griechenlands. Letztere sieht die Verfahren gegen die
Goldene Morgenröte als Vorwand, um diese danach auch zu verbieten. Aber
hierüber kann ich mich jetzt nicht auch noch aufregen.