Dienstag, 17. Dezember 2013

Freitag


Freitag


Wenn man auf eine Woche zurückblickt, besteht immer die Gefahr, diese einzig an den Geschehnissen der letzten Tage zu bewerten.  So ist es leicht, ein falsches Bild in Erinnerung zu behalten. Auch erkennt man schnell ein großes Ganzes, ohne sich die Frage zu stellen, ob es dieses überhaupt gibt. Der 13. Dezember war so ein Tag.

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag, um 2:34 Uhr, begangen Unbekannte einen Brandanschlag auf das Ferienhaus des ehemaligen Ministerpräsidenten Konstantinos Simitis. Eingebrochen wurde nicht; der Brandsatz befand sich außen, an der Balkontür. Von dort breitete sich das Feuer auch im Haus aus.

Am frühen Nachmittag berichtete die Presse von einem Bekennerbrief. Nicht im Zusammenhang mit dem Brandanschlag. Auf ihrer Webseite bekannte sich die Gruppe „Anarchisten - Anarchistinnen“ zu einem Angriff in der Woche zuvor auf die Büros der mit Schuldeneintreibung befassten Anwaltskanzlei der Brüder Sioufas (Söhne des ehemaligen Parlamentsvorsitzenden Dimitris Sioufas).

Letztlich griff um 20:00 Uhr eine Gruppe Unbekannter die Polizeiwache in Exarchia, der linken Hochburg in Athen, an. Die 20 – 30 Angreifer bewarfen das Gebäude mit Molotov Cocktails, Steinen und anderen Gegenständen. Ein Streifenwagen und Polizeimotorrad gingen in Flammen auf. Nach einer andauernden Polizeiaktion gab es drei Verhaftungen; darunter wohl auch ein 17jähriger afrikanischer politischer Flüchtling und ehemaliger Kindersoldat. Dieser wurde später wieder aus der Haft entlassen. Weitere Details zu den Angreifern wurden jedoch nicht veröffentlicht.
Am Sonntag erschien ein kurzes, anonymes Bekennerschreiben auf dem autonomen Internetportal athens.indymedia. Der Angriff käme als Antwort auf den brutalen Polizeieinsatz des 6. Dezembers.

Es wäre nun leicht zu sagen, dass es eine Woche der linksautonomen Gewalt war. In Wahrheit war das Hauptthema der Woche jedoch die Ermittlungen im Fall der Goldenen Morgenröte.
Ende der vorangegangenen Woche wurden den Untersuchungsrichtern die polizeiliche Auswertung der beschlagnahmten Rechner der Organisation übergeben. Als Folge kamen ständig neue Informationen an die Öffentlichkeit: Fotos von Mitgliedern in Ku-Klux-Klan-Kluften,  Videos von Vereidigungen und rassistischen Hasstiraden, Aufmärsche, Angriffe auf Märkte und Straßenhändler usw. Besonders bedeutend war die Erkenntnis, dass die Goldene Morgenröte ihre politischen Gegner überwachte; darunter Abgeordnete der Partei Syriza und Journalisten. Es wurde auch ein Staatplan gefunden, auf dem Angriffsziele in Exarchia markiert sind.


Am 10. Dezember wurde ein Journalist auf Kreta, während einer Reportage, von den Nazis tätlich angegriffen. Die Polizeigewerkschaft POESY fordert, dass gegen die anwesenden Polizisten wegen ihres tatenlosen Zusehens ermittelt wird. Die Gewerkschaft weist ausdrücklich auf einen Zusammenhang zwischen dem Angriff und der Veröffentlichung der neusten Ermittlungsergebnisse hin.

Aus dieser Perspektive sieht der Wochenrückblick gleich ganz anders aus. Morgen wird über die Parteifinanzierung der Goldenen Morgenröte im Parlament abgestimmt.

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