Entweder - Oder
Heute beginnt Alexis Tsipras seine
Wahlkampftour für die Europawahlen. Die erste Veranstaltung findet in Komotini
statt, einer Kleinstadt im Nordosten Griechenlands. Oder sollte man sagen in Gümülcine, denn die Plakate sind zweisprachig: Griechisch und Türkisch. Komotini
hat nämlich eine große, muslimische Minderheit.
Ist ein
zweisprachiges Plakat ein Problem? Sollte es nicht sein. Anscheinend ist es
aber wichtig genug, dass die Zeitungen davon berichten. Bei den Mitte-Rechts
Wählern kann Tsipras damit jedenfalls nicht punkten. Warum sollte er auch? Ist
er doch Spitzenkandidat der Europäischen Linken.
Eine
linke Partei sollte sich für linke Werte einsetzen. Ein respektvoller Umgang
mit Minderheiten gehört dazu. Aber auch die Verteidigung von Nazis? Gestern
tagte die Ethikkommission des Parlaments zum Thema der Immunität der
Abgeordneten der Goldenen Morgenröte (am 21. Februar beantragten die Untersuchungsrichter
auch die Immunität der letzten neun Abgeordneten aufzuheben). Nur bei Syriza ist man sich nach wie vor uneins.
Zwar ist jedem in der Partei klar: Goldene Morgenröte = nationalsozialistische
Partei, und Nazis = böse. Aber ist das Grund genug gegen sie vorzugehen? Die
Parteibasis sagt da ganz klar: ja. Das tut auch die Parteispitze. Und doch
warnten einzelne Abgeordnete, sie würden eventuell nicht an der Abstimmung teilnehmen
oder ihre Stimme könne auch anders als erwartet ausfallen.
Gut, da
sich mit Ausnahme der Unabhängigen Griechen, alle Parteien in diesem Thema
einig sind, hätten solche Proteststimmen keinen wahren Einfluss auf die
Abstimmung. Dennoch sollte man sich bei Syriza vielleicht Gedanken machen, wofür
man eigentlich steht. Es ist doch eine
einfache Entweder-oder Frage: man kann für Menschenrechte stehen, dann muss man
auch den Mut haben sich offen gegen Nazis auszusprechen und sich gegen diese
einzusetzen. Wenn eine linke Partei nicht bereit ist dies zu tun, dann braucht
sie auch keine zweisprachigen Plakate.
Aber
vielleicht macht gerade dies Alexis Tsipras zu einem guten Spitzenkandidaten
für die Europäische Linke. Solche Probleme innerhalb der Partei sollten sich
als gute Vorbereitung für Brüssel herausstellen, wenn die EU in der Ukraine mit
Svoboda zusammenarbeitet.
Es gibt sehr selten einfache und gute Gründe für entweder/oder, schwarz oder weiß. Im Falle nationalistischen Gedankenguts ist die Entscheidung an sich einfach. Außer, ja: wo ist die Grenze, die rote Linie, die überschritten sein muss? Darüber muss man streiten.
AntwortenLöschenIch denke, die rote Linie ist dann überschritten, wenn Menschen, Gedanken, Werte, und auch unser Anderssein und Besonderssein, durch eine Ideologie bedroht sind. Der Nationalsozialismus ist eine solche Bedrohung. Entgegen wirken muss man m.E. auf der ganzen Breite, die in einer demokratischen Gesellschaft zur Verfügung steht. Dieses Entgegenhalten wird sowohl bei den Parteien als auch insgesamt in der EU angemahnt. Lippenbekenntnisse für eine freiheitliche demokratische Grundordnung alleine reichen hier nicht aus.
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