Politische Morde
Michaloliakos gründete die Goldene Morgenröte 1980. Am 1. November 1993
wurde sie dann zur Partei. Über dreißig Jahre war sie tätig, doch es bedurfte
des Mordes an Pavlos Fyssas bevor Politik und Justiz aktiv wurden. Was war
anders? Zum Beispiel wurde der Täter sofort verhaftet. Dann waren da die Art
des Mordes und der Tod des jungen Mannes in den Armen seiner Freundin. Aber
auch die veröffentlichten Telefonate der Mitglieder der Goldenen Morgenröte,
die belegten mit welcher Verachtung sie über den Toten redeten verstießen gegen
jedes Gefühl von Anstand. Und während anfangs noch von Rache die Rede war,
blieb es bei Worten. Die Politik und Justiz begannen sich ernsthaft mit der
Goldenen Morgenröte zu beschäftigen und das Land kehrte zurück zur Normalität.
Es war klar wie Pavlos Fyssas langsam vergessen und ein weiterer Name eines
Mordopfers würde, genau wie der 15-jährige Alexandros Grigoropoulos (Dezember
2010) oder der Lehrer Nikos Temponeras (Januar 1991 und ohne Wiki Eintrag in
einer Sprache außer Griechisch); man kennt die Namen und damit hat es sich
auch.
Teil der Normalität wurde auch das Verfahren gegen die Goldene Morgenröte.
Am 1. November 2013 veröffentlichte die Tageszeitung Ethnos, um 14:31, die
kurze Mitteilung der Athener Nachrichtenagentur, dass die Staatsanwaltschaft
einen Antrag gestellt hatte, die parlamentarische Immunität zweier weiterer
Abgeordneter der Goldenen Morgenröte aufzuheben. Das Thema war nicht wichtig
genug mehr darüber zu schreiben.
Um 19:50 kam dann die Nachricht: zwei junge Männer wurden vor einem Büro
der Goldenen Morgenröte, in Athen, erschossen. Die Polizei sagt sie ermittelt
in alle Richtungen. Die Mörder, so die Polizei, seien wahrscheinlich linksextreme
Terroristen; die Hinrichtung der zwei Männer könne ein Racheakt für den Mord an
Pavlos Fyssas sein.
Wer die Täter sind bleibt offen. Dass der gestrige Doppelmord in Verbindung
zum Mord an Pavlos Fyssas steht kann man jedoch ausschließen; das Thema Fyssas
war für die griechische Gesellschaft abgeschlossen.
Die griechische Linke steht
den Vermutungen der Polizei kritisch gegenüber. Gründe dafür gibt es genug: Es
handelt sich um das erste Mal, dass die Goldene Morgenröte sofort anerkennt,
dass es sich bei einem Vorfall um Mitglieder der Organisation handelt.
Insgesamt reagierte die Organisation verblüffend schnell mit Stellungnahmen,
Versammlung usw.
Gleichzeitig gibt es momentan keine linksextreme Terrorgruppe
der ein so gut geplantes Attentat zuzutrauen sei. Auch die Art des Attentats
passt nicht zu den Vorgehensweisen solcher Gruppen. Dennoch weist die Polizei
darauf hin, 9mm Waffen hatte die „Sekte der Revolutionäre“ benutzt. Diese ist
jedoch seit dreieinhalb Jahren nicht mehr aktiv. Dabei sind 9mm Pistolen der
Marke Zastava, eben genau der Marke der gestrigen Tatwaffe, der Polizei nicht
unbekannt; solche wurden im letzten Monat mehrere sichergestellt, und zwar bei Razzien
in Wohnungen von Mitgliedern der Goldenen Morgenröte. So zum Beispiel auch im
Haus des Abgeordneten Nikolaos Michos, der nach der Vernehmung durch den Ermittlungsrichter am 1. Oktober, mit der
Auflage das Land nicht zu verlassen, wieder freigelassen wurde.
Sicher ist auf jeden Fall eines: profitieren tut durch den gestrigen
Doppelmord nur einer, die Goldene Morgenröte. Mit Hilfe der beiden Märtyrer
kann sie endlich die Opferrolle einnähmen, wie sie es seit dem Mord an Fyssas
versucht.
Abschließend würde ich nur kurz gerne die Berichterstattung über dieses Attentat
kommentieren. Es ist seit gestern die Rede von einem Teufelskreis der Gewalt.
Dies ist falsch. Ein Kreis setzt voraus, dass zwei Seiten jedes Mal Gewalt mit
Gewalt erwidern. Dies ist in Griechenland nicht der Fall. Ganz im Gegenteil. Dreißig
Jahre rechtsextremer Gewalt seitens der Goldenen Morgenröte, wurden kaum erwidert.
Im Wiki Eintrag werden vor dem gestrigen Tag, gerade zwei Angriffe auf die
Organisation erwähnt. Das ist kein
Teufelskreis.
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